Von Santiago aus ging es nun in drei Etappen bis ans Meer nach Muxia. Anschließend – ganz ohne Benutzung unserer geschundenen Füße – die Rückkehr nach Santiago, der Abschied von Ricki und noch ein Tag in der Pilgermetropole.
Etappe 35: Santiago de Compostela – Negreira (21.9km)
Nachdem wir um 9 Uhr gestartet waren, hatten wir Santiago bald verlassen. Auf dem Weg waren kaum Pilger, die Temperaturen angenehm, und es ging durch einen urzeitlich anmutenden Wald im Nebel. Gefühlt kamen wir aber kaum voran und so dauerte es bis zum frühen Mittag, bis wir etwa die Hälfte der Strecke geschafft hatten und eine Pause einlegten. Da sich einfach kein Café oder ähnliches fand, pausierten wir auf abgesägten Baumstümpfen vor einem Snackautomaten. Danach ging es über etwa 3km relativ steil einen Berg hoch – einmal mehr flog ich förmlich. Auch die darauffolgenden Kilometer liefen ganz locker, bis ich auf den letzten 2km anhand meiner gefühlt nicht mehr vorhandenen Beinmuskulatur merkte, dass wir bis zu diesem Zeitpunkt wohl etwas sehr wenig gegessen hatten. Nichtsdestotrotz quälten wir uns ins Ziel und bezogen ein Doppelzimmer. Dann folgte die übliche Routine aus Wäsche waschen, einkaufen, Abendessen und schlafen.
Etappe 36: Negreira – Olveiroa (33.2km)
Im Wissen, mehr als 30km vor uns zu haben, starteten wir nach einer erholsamen Nacht bereits um vor 7 Uhr. Auf dem Camino nach Finisterre und Muxia ist die Infrastruktur nicht ansatzweise so ausgeprägt, wie auf dem Hauptweg bis Santiago. Daher hielten wir unsere erste Pause nach 6km einfach auf Bänken und ohne Café ab. Erst die zweite Pause nach 12km fand dann in einem solchen statt und ich hatte das Gefühl, deutlich besser und schneller als am Vortag voranzukommen. Im nächsten Ort machten wir erneut Pause, jedoch lag dieser weitere 8km entfernt und es wurde zunehmend heiß. So wurden auch die Pausen länger und im Rahmen der infrastrukturellen Möglichkeiten häufiger. Am frühen Abend trafen wir dann in Olveiroa ein und quartierten uns in einem 14er-Schlafsaal ein. Danach aßen wir noch etwas und dann ging es auch schon ins Bett.
Etappe 37: Olveiroa – Muxia (31.5km)
Die letzte Etappe! Am Ende würden wir am Meer stehen! Wir kamen gut voran und pausierten nach 11, 16 und 22km. Insgesamt war der Weg ziemlich anstrengend, wir waren deutlich überbelastet aufgrund der vergangenen Tage und Wochen. Doch der starke Wind machte es etwas erträglicher. Und dann, 6km vor dem Ziel, sahen wir das Meer! Doch ab da wurde es die reinste Quälerei. So waren wir mehr als froh, als wir endlich in der Herberge angekommen waren, unsere Sachen aufs Bett schmissen und ans Meer liefen. Nachdem wir dort einige Zeit verbracht hatten, gingen wir etwas essen und rafften uns zum Glück noch auf, an die Landspitze zu gehen – denn dort erwartete uns der Wegstein mit „km 0.000“! So etwas hatte man in Santiago vergeblich gesucht; die für Galizien üblichen Wegsteine, die zeitweise alle paar Hundert Meter aufgestellt waren, endeten wenige Kilometer vor Santiago einfach. Nun bekamen wir hier in Muxia aber auch in dieser Hinsicht einen guten Abschluss. Irgendwann hatten wir uns von diesem Stein und dem Meer losgerissen und gingen zurück zur Herberge, um den Tag eingedenk der frühen Abfahrtszeit des Busses nach Santiago am nächsten Morgen zu beenden. Als wir den Sonnenuntergang über dem Meer sahen, liefen wir aber nochmal – bereits in Schlafklamotten – durch die Hintertür des Schlafsaals ans Meer!
Zurück nach Santiago und die Zeit bis zum Rückflug
Gegen 6.15 Uhr gingen wir zum Bus, welcher dann auch schockierend pünklich eine halbe Stunde später eintraf. Etwa zwei Stunden später waren wir am Bahnhof von Santiago angekommen, von welchem wir dann den Weg zur Kathedrale suchten und fanden. Dort frühstückten wir, trafen ein letztes Mal auf Reto, der die letzten Tage, in denen wir ans Meer gewandert waren, in Santiago durchgefeiert hatte, und setzten uns dann einige Zeit vor die Kathedrale. Schließlich trennten sich unsere Wege nach mehr als 30 gemeinsamen Etappen und mehr als 800km Wanderung, als wir uns zu unserem jeweiligen Hostel aufmachten. Ricki würde früh am nächsten Morgen fliegen, ich erst am Tag danach. Auf dem Weg zu meiner Herberge kaufte ich noch ein und verließ mein Zimmer, nachdem man um 13.30 Uhr endlich in die Herberge durfte, nicht mehr. Nun war ich zum ersten Mal seit der allerersten Etappe wieder allein…
Am nächsten Tag musste ich die Herberge vier Stunden lang verlassen, da man auch als mehrere Nächte Bleibender erst zum Mittag wieder hineindurfte. Ich nutzte die Zeit, um durch Santiago zu schlendern, Souvenirs zu kaufen, Postkarten zu schreiben und meine Habseligkeiten, die ich mittlerweile fast sechs Wochen zuvor aus Pamplona vorgeschickt hatte, bei der Post abzuholen. Am Nachmittag traf ich noch Alexander, der mittlerweile auch angekommen war, und aß mit ihm und Maria später zu Abend – ein schöner Abschluss. Alexander würde in den nächsten Tagen noch auf verschlungenen Wegen mit Maria und Christian – genau der, den ich zuletzt in Etappe 18 erwähnt hatte; der Camino ist ein Dorf und niemand ist wirklich weit weg – per Mietauto ans Meer gelangen. Am nächsten Morgen begab ich mich mit dem Bus zum Flughafen und flog über Madrid nach Düsseldorf, wo mich meine Eltern einsammelten.
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