In den nächsten Tagen erreichten wir die portugiesisch-spanische Grenze und bewältigten das Stück zwischen Inlandsweg und Meer per Boot auf dem Grenzfluss Rio Minho. Eine Nacht am Strand sollte uns dann aber nicht gut bekommen…

Etappe 6: Rubiaes – Tui (20.3km)

Nachdem wir um kurz nach 7 Uhr unsere Wäsche von ihrem nächtlichen Trockneraufenthalt abgeholt und in der Herberge gefrühstückt hatten, machten wir uns auf den Weg mit dem Ziel, an diesem Tag die Grenze nach Spanien zu passieren. Für mich lohnte es sich nun endgültig, dass ich ein zweites Paar Schuhe mitgeschleppt hatte, denn die Laufschuhe belasteten mein Sprunggelenk deutlich weniger als meine Wanderschuhe. Früh gestartet genossen wir den kühlen Morgen, passierten den Rio Coura mittels der Ponte Romana, ließen den Weiler Pecene hinter uns und erreichten die Capela de Sao Bento da Porta Aberta. Weiter ging es auf unebenen Waldwegen, ehe wir uns nach 3 Stunden entschlossen, doch mal eine Frühstückspause einzulegen. Danach wurde es jedoch richtig hart – Meseta-ähnliche Wege führten uns schattenlos schnurstracks geradeaus durch die Hitze und als wäre das nicht schon unschön genug gewesen, mündete diese Tortur in einem Industriegebiet. Dort legten wir nochmal eine Pause mit Cola und Eis ein. Auf dem Weg von dort nach Valenca kamen wir auch endlich mit einem schweigsamen Pilger, den wir schon seit einigen Tagen immer wieder sahen, ins Gespräch und lernten so Benjamin aus Dänemark kennen. Gemeinsam kamen wir in Valenca an, durchquerten die dortige Fortaleza und erreichten über die Puente Internacional Spanien in Form des Grenzortes Tui. Dort fanden wir ein Vierbettzimmer für uns und da sich unterwegs herausgestellt hatte, dass Benjamin an diesem Tag Geburtstag hatte, gingen wir nach den üblichen Routinen gemeinsam essen und auch etwas trinken…

Etappe 7: Tui – Caminha (27km) + ein Tag Erholung am Meer

An diesem Tag zahlte sich dann unsere dauerhaft straffe Planung aus, denn es ging wieder ans Meer; aber nicht irgendwie: Im Vorlauf auf den Camino hatten wir geplant diese Strecke mittels „Camino by Boat“ (ein Kleinstunternehmen von Verena aus Deutschland und Luis aus Spanien) über den Rio Minho zurückzulegen. Heißt: Wir wurden von Verena in Tui abgeholt, bestiegen auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses in Valenca ein Boot und ruderten von dort aus (unterstützt von einem Hilfsmotor und dem menschlichen Hilfsmotor Luis) nach Caminha ans Meer. Ohne Hilfsmotor und Luis hätten wir diese 27km allerdings niemals geschafft, denn das ganze Gepaddele ging tierisch auf die Arme und eventuell waren wir vom Vorabend noch etwas verkatert. Wenigstens konnten sich so Beine und Füße mal ausruhen. Zwischendurch legten wir zweimal für Pausen am Ufer an und wechselten munter zwischen Spanien und Portugal hin und her. Bei der zweiten Pause erwartete uns ein reichlich gedeckter Tisch in einem Park auf spanischer Seite. Ab dann wurde das Paddeln aber endgültig zur Qual und wir waren recht froh, als wir endlich kurz vor Caminha anlegten und von Verena in den Ort gefahren wurden. Ab dann ähnelte dieser Tag aber allen anderen, denn es wurde geduscht und zu Abend gegessen, in einem sehr leckeren Diner 🙂

Den folgenden Tag hatten wir als Erholungstag am Meer auserkoren: Vormittags packten wir all unser Zeug zusammen und gingen ein gutes Stück bis an den Strand. Dort bauten wir aus Wanderstöcken und Ponchos eine Art Strandmuschel und verbrachten den Tag dort. Nachdem wir uns darauf verständigt hatten, auch die Nacht am Strand zu verbringen, aßen wir noch in einer Strandbar zu Abend und genossen dann den Sonnenuntergang über dem Meer. Schließlich suchten wir noch eine blickgeschützte Stelle an der Grenze zwischen Strand und Dünen als Schlafplatz. Das gestaltete sich etwas schwierig, da der Mensch genau diese Region gerne als Toilette missbraucht. Irgendwann hatten wir einen scheinbar guten Platz gefunden und breiteten dort unsere Ponchos als Unterlage aus.

Etappe 8: Caminha – Valenca – O Porrino (20.5km)

Am nächsten Tag wurden wir natürlich sehr früh wach, mussten aber auch direkt los, um einen möglichst frühen Zug zurück nach Valenca zu erwischen – wir verzichteten darauf, den Weg von Caminha nach Valenca zu Fuß zu bewältigen. Der Weg vom Strand bis zum Bahnhof von Caminha war dann doch ziemlich weit und die Strecke, die wir über Sand zu wandern hatten, sorgte direkt zum Tagesbeginn für Anstrengung. Irgendwie fanden wir dann das richtige Gleis und saßen wenig später im Zug nach Valenca. Dort angekommen, kamen wir in den Genuss, die Fortaleza noch einmal zu durchqueren. Ebenso überquerten wir den Rio Minho erneut, um nach Spanien zu gelangen. Diesmal hielten wir jedoch nicht in Tui, sondern verließen es auf schnellstem Wege, wobei uns bewusst wurde: Von Tui waren es noch etwa 100km bis Santiago de Compostela, hier starteten all diejenigen, die nur für die Compostela liefen…. Entsprechend voll war der Weg von nun an und entsprechend schlecht unsere Laune – der Vergleich mit Sarria (dem 100km-Dorf auf dem Camino Frances) drängte sich geradezu auf. Glücklicherweise verlief der Weg zum Großteil durch Wald und kleinere Dörfer, sodass sich die Pilgermassen ein wenig auseinanderziehen konnten. Trotzdem bemühten wir uns möglichst antizyklisch zu pausieren, denn wenn man dauernd derart viele andere „Pilger“ um sich herum hat, macht das Laufen weniger Spaß, was sich zum einen an meiner nur bruchstückhaft vorhandenen Erinnerung an diesen Tag und zum anderen an den wenigen Fotos, die wir gemacht haben, festmachen lässt. Ziel war einfach in O Porrino anzukommen, wo wir bereits drei Betten reserviert hatten – längst war das auch bei uns zur Praxis geworden, sehr zu meinem Leidwesen. Die letzten 5km nach O Porrino allerdings waren dann nochmal richtig hässlich, ging es doch nur an einer Hauptverkehrsstraße entlang. Am Ziel angekommen wuschen wir nochmal Wäsche und suchten uns dann abends ein Restaurant, was durchaus etwas länger dauerte, wir mussten uns erst wieder an die spanischen Siestazeiten gewöhnen. Der Fernseher in dem Restaurant wurde dann nicht müde, uns über den WM-Titel der spanischen Basketballer zu informieren – nachvollziehbar 🙂

Etappe 9: O Porrino – Padron (12.4km)

Die Herberge hatte eigentlich einen super Eindruck gemacht: Waschmöglichkeit, ausreichend Sanitäranlagen und jedes Bett war durch einen Vorhang abgetrennt. Leider war es die Nacht über sehr heiß gewesen und am Morgen fühlte ich mich nicht wirklich gut. Zunächst lief alles aber noch nach Plan: Gegen 8 Uhr gestartet, passierten wir bald den 100km-Wegstein und bewältigten gemeinsam mit deutlich zu viel anderen Pilgern den Anstieg nach Mos, wo wir frühstückten. Dort stellte sich heraus, dass wir alle drei offensichtlich Magen-Darm-Probleme hatte – über die Gründe kann man spekulieren: Entweder war das Wasser für die zahlreichen Eiswürfeln in den Getränken im Strandcafé von Caminha verunreinigt gewesen oder wir hatten am Strand doch zu nah an den „Toilettenstellen“ am Strand geschlafen. Wie auch immer, der Plan, nach Redondela zu laufen, war somit erledigt, und wir schleppten uns irgendwie noch (den restlichen Berg hoch und dann wieder runter) 6km weiter bis nach Padron – nicht zu verwechseln mit dem weiter nördlich gelegenen Padron aus der Jakobussage – wo es zu unserem Glück eine nette kleine Herberge mit einem Dreierzimmer gab. Dort lagen wir den restlichen Tag auf unseren Betten herum und bemitleideten uns selbst. Alexander und ich hatten trotz dieser gesundheitlichen Probleme definitiv noch genug Zeit, um bis nach Santiago zu kommen, bei Ricki jedoch sah das etwas anders aus – der nächste Tag sollte die weiteren Pläne bestimmen.

Etappe 10: Padron – Pontevedra (21.6km)

Am Morgen ging es uns zwar nicht wirklich besser, aber wir machten uns zunächst einmal nach Redondela auf. Dort frühstückten wir und statteten der „Farmacia“ einen Besuch ab. Ich ließ mir von der eilig herbeigerufenen, einzigen englischsprachigen Apothekerin ein pflanzliches Mittel gegen meine Beschwerden geben, Ricki setzte eher auf Schmerzmittel, was dort wie Bonbons verkauft wurde, Alexander hatte noch Immodium akut. Etwas gestärkt gaben wir vorsichtig Pontevedra als Tagesziel aus, also noch weitere 18km von Redondela aus. Ohne Zweifel hatte diese Etappe einige echt coole Stellen, wie zum Beispiel die Ponte Sampaio und den Aufstieg ab Arcade. Wie immer folgte auf diesen Aufstieg zunächst ein Abstieg, nämlich zum Rio Ullo, ehe es dann durch Wald über altes Granitpflaster wieder bergauf ging. Der Weg machte wirklich Spaß, aber wenn man nicht zu 100% fit ist, kann man das irgendwie nicht so recht genießen. Zudem machten wir uns auch die ganze Zeit Gedanken über die weitere Planung und wie man Santiago gemeinsam erreichen könnte, am besten ohne die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Wie bereits auf dem Weg nach O Porrino zog sich das letzte Stück nach Pontevedra ziemlich, denn es ging an einer Straße ohne jeglichen Schatten entlang. In Pontevedra angekommen, belohnten wir uns mit einem verhältnismäßig luxuriösen Dreibettzimmer, welches wir natürlich schon im Voraus gebucht hatten. Aufgrund unserer Verdauungsprobleme waren wir komplett dehydriert und unterzuckert; daran konnte auch das Abendessen wenig ändern. Ricki war am Abend regelrecht high, denn sie hatte besonders wenig Wasser und Nahrung zu sich genommen, dafür aber mit Schmerzmittel nicht gegeizt. Für den nächsten Tag planten wir mit dem Bus ein Stückchen zu fahren, um dann gemeinsam mit Ricki in Santiago einlaufen zu können – unnötig zu sagen, dass der Gedanke zu „cheaten“ mich nicht wirklich glücklich machte.

Noch am Abend in Pontevedra waren wir uns nicht sicher, wie es weitergehen würde… Würden wir gemeinsam in Santiago einlaufen? Lest hier, wie es weiterging!

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