Am Morgen in Pontevedra würde sich der weitere Verlauf unseres Weges klären – war alles wieder gut, würden wir den Bus nehmen oder uns trennen? Nur zwei Tage später liefen wir dann jedenfalls auch schon in Santiago ein! Im Regen…
Etappe 11: Pontevedra – Caldas de Reis (23.2km)
Der Vormittag dieses Tages war ziemlich ereignisreich: Während es Alexander gut und mir auch ganz okay ging, tat Ricki von Kopf bis Fuß alles weh. Einen Arzt in Pontevedra aufzutreiben war dann aber nicht einfach, weshalb wir es in der Notaufnahme des Krankenhauses versuchten. Dort war es jedoch so voll, dass sich Ricki das nicht antun wollte. Als Stimmen der Vernunft machten wir ihr klar, dass sie in dem Zustand nicht nach Santiago kommen würde. Schließlich setzten wir sie mittags in einen Flixbus nach Porto, damit sie von dort heimfliegen konnte – denn in Santiago noch einige Tage krank in irgendeinem Hostel auf den eigentlich gebuchten Flug zu warten, erschien uns auch eher suboptimal. All das führte dann dazu, dass Alexander und ich erst gegen Mittag aus Pontevedra wegkamen, aber trotzdem bis ins mehr als 20km entfernte Caldas de Reis laufen wollten. Nachdem wir die Innenstadt hinter uns gelassen hatten, überquerten wir den Rio Lerez über die Ponte do Burgo und gelangten bald wieder in die Natur. Der Weg gestaltete sich sehr abwechslungsreich, mal ging es durch den Wald, dann wieder an Straßen entlang durch kleine Weiler. Gegen 13 Uhr frühstückten wir dann auch endlich – in einem Raum mit Snackautomaten… Der Vorteil, wenn man (eigentlich viel zu) spät startet, ist, dass das natürlich komplett antizyklisch ist und wir so den Weg weitestgehend für uns hatten. Aber auch ein Nachteil blieb nicht aus, denn wir waren dadurch auch noch während der gesamten Mittagshitze unterwegs. Und just als die unerträglich wurde, war es das natürlich mit dem schattigen Wald – nun ging es auf dem Randstreifen der N-550 und durch Weinreben weiter. Daher legten wir kurz vor dem Ziel nochmal eine Pause ein, denn sogar das Wasser wurde allmählich knapp. Gestärkt liefen wir dann die letzten Kilometer nach Caldas de Reis und bezogen dort unser Zimmer. Wir wuschen auch nochmal Wäsche, allerdings von Hand; naja, irgendwie musste sie halt sauber werden. Abends wurde noch etwas gegessen und dann geschlafen, der Standard halt.
Etappe 12: Caldas de Reis – A Picarana (27.7km)
Mindestziel für den Tag waren nur 18km bis nach Padron (diesmal das „richtige“ Padron aus der Jakobussage), weshalb wir auch erst um 9 Uhr starteten, nachdem wir noch in der Herberge gefrühstückt hatten. Der späte Start ersparte uns leider nicht die Pilgermassen – es war tatsächlich schwierig den Ort (im eigenen Tempo) zu verlassen, da wir hinter einer riesigen asiatischen Gruppe festhingen. Passend zu meiner dadurch ohnehin nicht überragenden Laune, machte sich dann auch noch Galicien bemerkbar – kalt, nass, Nebel. In O Cruceiro gönnten wir uns dann – zusammen mit bestimmt 40 anderen Pilgern – ein zweites Frühstück, ehe wir einige kleinere Weiler durchquerten und dem Weg entlang der Autobahn AP-9 folgten. Trotz dieser Autobahn, der wir dann bis ins Vorstadtgebiet von Padron folgten, war der Weg recht naturnah und grün. Nach Überquerung des Rio Ulla in Padron angekommen, aßen wir erstmal (übertrieben viel) zu Mittag und beschlossen, noch einige Kilometer weiter zu gehen, damit wir es am Schlusstag nach Santiago nicht mehr so weit hätten. Komplett überfressen durchquerten wir also Padron und hatten nun den Weg für uns allein, denn Padron ist klassischerweise das letzte Etappenziel vor Santiago. Nun dauerte es noch etwa anderthalb Stunden, die wir durch locker besiedelte Landschaft wanderten, bis uns ein Schild unsere Herberge in 1km versprach. Leider handelte es sich dabei um den längsten Kilometer aller Zeiten, der schon für Luftlinie zu wenig gewesen wäre, aber der Camino nahm wirklich jeden möglichen Umweg mit, sodass es wohl eher 2.5km waren. Dann aber bezogen wir ein Doppelzimmer, wuschen ein letztes Mal Wäsche, füllten unsere Vorräte in einer Tankstelle auf und aßen etwas zu Abend.
Etappe 13: A Picarana – Santiago de Compostela (14.9km)
Dank unserer „Vorarbeit“ hatten wir nur noch etwa 15km bis Santiago vor uns, und das sollte sich gelohnt haben. Bereits als wir gegen kurz nach 8 Uhr die Herberge verließen, bemerkten wir, dass es in der Nacht geregnet hatte, denn alles war nass. Zwar war das Wetter nicht toll, aber wir blieben zunächst von Regen verschont, sodass wir den Weg, der vor allem durch Wald führte, nochmal genießen konnten. Außerdem verfolgten wir anhand der Wegsteine beinahe im 100m-Takt, wie sich die Restdistanz bis zum Ziel stetig verringerte. Allzu lange blieb uns das Glück allerdings nicht hold, denn schon bald begann es wie aus Kübeln zu schütten. Bis etwa 10 Uhr bot sich allerdings keine Frühstücksmöglichkeit im Trockenen. Dann nahmen wir einen kleinen Umweg in Kauf, um in einem Café am Stadtrand von O Milladoiro zu frühstücken – wie im Grunde alle anderen Pilger auch. Lange blieben wir jedoch nicht, da wir auch zeitig in Santiago eintreffen wollten. Nun mit Regenhülle über den Rucksäcken ging es weiter und nach dem letzten Aufstieg erreichten wir die Vorstadt von Santiago. Dann hieß es nur noch, die Kathedrale zu finden (und dass das nicht selbstverständlich ist, musste ich beim Camino Frances 2018 erfahren…), wo wir allerdings nur kurz blieben, da es immer noch regnete. Schnell zur Unterkunft also und erstmal trocknen. Doch dann fiel Alex auf, dass er seinen Pilgerpass in dem Café in O Milladoiro vergessen hatte – ausgerechnet bei der letzten Gelegenheit überhaupt vor Santiago. Dank unserer sehr netten Vermieterin, Mercedes, bekam er ihn aber schließlich wieder. Mit dem Tag war eigentlich nichts mehr anzufangen, deshalb kauften wir nur ein und aßen zu Abend.
Letzter Tag und Abreise
Am nächsten Tag besorgten wir uns die Compostela und entdeckten dabei, dass es ein neues System gab: Wir waren extra früh aufgestanden, um am Pilgerbüro nicht so lange warten zu müssen – leider hatten sich das auch andere gedacht… Als wir die sicherlich 100m lange Schlange sagen, kehrten wir in unsere Herberge zurück und schliefen noch etwas. Mittags versuchten wir es dann nochmal und erfuhren, dass man nur noch Nummern ziehen musste (wie bei einer Behörde) und dann online verfolgen konnte, welche Nummer aktuell dran war. So hatten wir die Möglichkeit, die Zeit sinnvoll in der Stadt zu verbringen – ich traf eine ehemalige Mitschülerin, von der ich durch Zufall erfahren hatte, dass sie zu der Zeit einen Sprachkurs in Santiago machte. Am Nachmittag hielten wir dann schließlich unsere Compostela in Händen! Abends gingen Alexander und ich nochmal in die Stadt und gönnten uns zum Abschluss erst ein Bier und dann noch ein Stück Kuchen samt Cocktail.
Alexanders Rückflug ging am nächsten Tag einige Stunden vor meinem, weshalb wir uns in der Herberge trennten und ich noch etwas Zeit totschlug. Schließlich flog auch ich dann zurück in die Heimat: über Madrid nach Düsseldorf, wo mich das elterliche Taxi erwartete.
Lest unbedingt mein Fazit – dort vergleiche ich den Caminho Portugues mit dem Camino Frances und sage, welcher Weg eher für Einsteiger geeignet ist. Außerdem findet Ihr Statistiken zu Budget und Etappenlängen, und nützliche Infos zu den Herbergen!