Nachdem ich zwei meiner Trainingstouren für den Megamarsch Frankfurt am Main 2019 (100km in 24h) bereits unter Tagestouren in Niederbayern beschrieben habe, möchte ich jetzt einen Nachbericht zum eigentlichen Event schreiben. Zunächst werde ich beschreiben, wie der Marsch für mich verlief und danach ein kleines Fazit dazu ziehen, sowohl was Vorbereitung, als auch was meine Haltung zu dieser Veranstaltung angeht.
Mein Megamarsch
Am 12.10. machte ich mich morgens auf den Weg von Köln nach Frankfurt, wo ich gegen Mittag ankam und direkt zum nahegelegenen Startpunkt weiterfuhr. Dort war ich dann deutlich zu früh – Start des Marschs sollte 16 Uhr sein-, sodass ich fast 3 Stunden totschlagen musste; das war schon nicht optimal, aber andererseits muss man bei Reisen mit der Deutschen Bahn ja immer großzügigen Puffer einplanen… Definitiv positiv war hingegen das Wetter, denn nachdem es die Tage zuvor immer recht regnerisch gewesen war, durfte ich nun bei strahlendem Sonnenschein und über 20°C auf den Start warten.
Punkt 16 Uhr ging es dann für mich auch in der ersten Startgruppe los – nachdem man 10 Minuten überflüssiger Motivationsreden und Animationsversuche über sich hatte ergehen lassen müssen. Nun ja, das gehört nun einmal zu einem solchen Event dazu… Mein Ziel für den Marsch war es selbstverständlich die 100km in 24h zu schaffen und hierfür hatte ich mir einen klaren Plan zurecht gelegt: Nach 30km, 40km, 60km, 80km und 90km wollte ich pausieren und die Strecke mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5km/h angehen, was ich als meine „Standard-Wandergeschwindigkeit“ ausgemacht habe – schneller zu gehen wird auf Dauer für mich anstrengend und um langsamer zu gehen, muss ich mich konsequent genau darauf konzentrieren.
Mit diesem Plan im Hinterkopf ging es also in einem Pulk von etwa 150 Menschen los, was sich nach etwa 2km allerdings soweit verlaufen hatte, dass man sich nicht ständig auf die Füße getreten ist. Dennoch ist es relativ schwer all diese Menschen auszublenden, was sich dann auch sofort negativ bemerkbar macht: Statt der angepeilten 5km/h schaffte ich es nicht unter 6km/h und war dennoch einer der Langsamsten, was schon etwas zu Verwirrung und Unsicherheit führt. Auch wenn mir klar war, dass dieses Tempo auf Dauer meine Finish-Pläne unweigerlich bedrohen würde, war es mir einfach nicht möglich langsamer zu gehen, und so kam es, dass ich bis zu meiner ersten Pause für keinen der 32km bis dorthin länger als 11min gebraucht hatte. Dann jedenfalls suchte ich mir eine Bank, um kurz zu pausieren – die Verpflegungsposten bei 17km und 30km hatte ich links liegen lassen. In meiner Pause rief ich dann die Sanitäter für eine junge Dame, die von starken Magenkrämpfen gequält wurde und aufgeben musste. Länger als 10min dauerte diese Pause jedoch nicht, doch die nächste sollte bereits etwa 2h später beim Verpflegungsposten bei 38km folgen. Dort spürte ich erstmals Probleme in der Haltemuskulatur meines linken Knies, wohl hervorgerufen durch eine Schonhaltung, welche wiederum Folge zweier Blasen war, die ich mir schon gelaufen hatte.
Nachdem ich an diesem Verpflegungsposten meine Vorräte (Energieriegel und Wasser) aufgefüllt hatte, nahm ich die 20km bis zum nächsten Posten in Angriff, nun jedoch schon etwas langsamer (5-5.5km/h). Ungeplant legte ich bei 50km – dort war ich gegen 1 Uhr nachts – eine weitere Pause ein, und als ich weiterlaufen wollte machten die Muskelbeschwerden das fast unmöglich. Ich versuchte zwar das noch rauszulaufen und mit Magnesium und Schmerztabletten zu bekämpfen, doch 3km später musste ich leider einsehen, dass das so keinen Sinn mehr hatte.
Glücklicherweise war ich zu diesem Zeitpunkt gerade im Hanauer Stadtgebiet, sodass ich zuversichtlich war trotz der nächtlichen Uhrzeit – mittlerweile war es 2 Uhr – zeitnah eine Verbindung nach Frankfurt Hbf zu finden, wo ich um 6 Uhr einen ICE nehmen wollte. Tatsächlich fuhr in meiner Gegend aber nur ein einziger Bus innerhalb der nächsten Stunden in Richtung Frankfurt, doch natürlich kam er nicht, sodass ich zu allem Überfluss auch noch für fast 50€ ein Taxi nach Frankfurt nehmen musste. Dort angekommen durfte ich dann nochmal 3 Stunden auf meinen Zug warten, was um diese Uhrzeit im Frankfurter Hauptbahnhof nicht wirklich angenehm ist…
Warum bin ich gescheitert und will ich das nochmal machen?
Zunächst ein Fazit dazu, weshalb ich gescheitert bin und was ich bei einem erneuten Versuch anders machen würde: Eher suboptimal war sicherlich der Anreisestress und die Tatsache, dass ich dann noch einige Stunden auf den Start warten musste. Als es dann losging, habe ich es einfach nicht geschafft mein eigenes Tempo zu gehen, was dann wohl zu der Blasenbildung und damit verbunden zu den Muskelproblemen führte, die mich zur Aufgabe zwangen. Die Aufgabe fiel mir verhältnismäßig leicht, weil mir klar war, dass ich so keine weiteren 50km schaffen würde – vielleicht wäre mit viel Schmerzmittel und Quälerei die 70km-Marke drin gewesen -, es aber für mich nur die 100km oder gar nichts gab. Daher sah ich keinen Sinn darin eventuell die 70km zu erreichen und dabei sogar meine Gesundheit zu riskieren. Bei einem erneuten Versuch, die 100km in 24h zu knacken würde ich zum Einen konsequent mein Tempo von 5km/h durchziehen und mich nicht von den anderen, schnelleren Läufern irritieren lassen, welche dann ohnehin evtl. nicht im Ziel ankommen. Des Weiteren würde ich versuchen, das Gewicht meines Rucksacks noch etwas zu reduzieren und testen, ob ich vielleicht eher in Lauf- als Wanderschuhen an den Start gehen sollte.
Jetzt aber zum zweiten Punkt meines Fazits: Werde ich überhaupt noch einmal an einem Megamarsch teilnehmen? Was diese Frage angeht habe ich seit meinem Aussteigen beim Megamarsch in Frankfurt einige Gemütszustände durchgemacht, weshalb ich diesen Bericht auch erst jetzt schreibe, wo ich mir mit Abstand eine fundierte Meinung dazu bilden konnte.
Mir persönlich hat der Megamarsch als Event nicht gefallen – zwar war alles sehr gut und zuverlässig organisiert, aber ich bin einfach ein Mensch, der auf sinnbefreite Motivationssprüche und zwanghaftes Gemeinschaftsgefühl verzichten kann. Hinzu kam, dass mir die „Megamarsch-Community“ einfach nicht übermäßig sympathisch war; hier habe ich aber auch den Fehler gemacht, die Menschen immer mit denen zu vergleichen, die mir auf meinen beiden Jakobswegen begegnet sind.
Die andere Sache, die es zu betrachten gilt, ist die Frage nach meiner persönlichen Motivation, es nochmal zu versuchen. Direkt nach dem Megamarsch wollte ich nie wieder etwas davon hören, nur zwei Tage später hingegen war ich kurz davor direkt für das nächste Jahr einen 50km-Megamarsch und einen 100km-Megamarsch zu buchen. Dann habe ich aber nochmal innegehalten und mir ist klar geworden, dass es mir überhaupt keinen Spaß macht nur zu wandern um der puren Distanz willen. Ich weiß, dass ich ohne größere Probleme 40km bei konstant über 35°C mit schwerem Gepäck schaffe und das reicht mir im Grunde, da ich mich einfach körperlich für neue Abenteuer gewappnet wissen will.
Aus diesen Gründe werde ich in näherer Zukunft nicht erneut an einem Megamarsch teilnehmen und es muss auch einiges passieren, damit ich das jemals wieder tun werde. Ich möchte das ausdrücklich nicht als Kritik am Event selbst verstanden wissen; die Organisation dort ist wirklich gut und rechtfertigt in meinen Augen auch den Preis dieser Veranstaltung. Zudem gibt es, so glaube ich zumindest, viele Menschen, die halt eben doch Spaß am Wandern der Distanz willen haben und dort eine Community gefunden haben.
Für alle, die ich jetzt nicht abgeschreckt habe: Werft doch einfach selbst mal einen Blick auf den Megamarsch unter www.megamarsch.de!
[…] es dann tatsächlich lief, könnt Ihr hier […]