Ich hatte noch eine Rechnung mit dem GR 221 offen – drei Jahre zuvor waren Alexander und ich einfach zu oft Bus gefahren und es war insgesamt nicht optimal gewesen. Außerdem bot sich der GR 221 für einen ersten gemeinsamen Wanderurlaub mit meiner Freundin Franzi im Frühjahr 2022 einfach an: Das Wetter würde im Februar auf Mallorca bereits frühlingshaft bis sommerlich sein, der Weg ist abwechslungsreich, aber nicht zu anspruchsvoll, und er würde nur etwas mehr als eine Woche in Anspruch nehmen. Aufgrund der corona- oder saisonbedingten Schließung einiger Wanderherbergen – unter anderem der wichtigen Herberge Ses Fontanelles am Ende der planmäßigen ersten Etappe – hatten wir beschlossen, einen Teil der Nächte im Zelt zu verbringen.
So kam es, dass wir am 20.02.2022 mit schwerbepackten Rucksäcken den Flughafen von Palma de Mallorca verließen und per Bus zu unserem Hostel im Stadtzentrum gelangten. Es war bereits recht spät am Abend, sodass wir alle Besorgungen auf den nächsten Tag verschieben mussten. Dieser sollte dann – auch wenn gut geplant – doch stressig und anspruchsvoll werden.
Etappe 1: Port d’Andratx – La Trapa
Der GR 221 startet in Port d’Andratx. Wir waren noch in Palma, wollten aber an diesem Tag starten und hatten etwas knapp unter 20km geplant. Ziel war ein Gebiet kurz vor einem Wanderparkplatz an der Ma-10. An dieser würde es danach wenige Kilometer zur Herberge Ses Fontanelles gehen, doch da diese just in den zwei Wochen unseres Aufenthalts geschlossen hatte, mussten wir bereits bei der ersten Etappe im Zelt nächtigen.
Wir hatten also einiges vor und mussten ja auch noch nach Port d’Andratx kommen. Trotzdem wussten wir, dass wir nur schwer vor 12 Uhr loswandern würden. Warum? Dadurch, dass wir zelten wollten, hatte wir natürlich auch einen Gaskocher dabei. Dass Gaskartuschen im Flugzeug ein absolutes No-Go sind, dürfte ebenso klar sein. Also mussten wir in Palma Kartuschen kaufen. Der Decathlon in der Nähe des Flughafens führte zum Zeitpunkt unseres Trips leider keine Schraubkartuschen. Solche waren nur im Intersport Kenia Outdoor erhältlich und dieser öffnete erst um 10 Uhr. Zuvor deckten wir uns bereits mit reichlich Proviant ein und um Punkt 10 Uhr betraten wir den Outdoorladen. Wenige Minuten später waren wir mit zwei Schraubgaskartuschen auf dem Weg zum Busbahnhof.
Um 12 Uhr kamen wir in Port d’Andratx an und wanderten sofort an der Promenade los. Von dort aus ging es direkt in die Tramuntana hoch, nur um 6km später wieder nach Sant Elm abzusteigen. Bis auf einen kleinen Verlaufer, den ich drei Jahre zuvor schonmal genauso eingebaut hatte, kamen wir gut voran. Dennoch ging es viel auf und ab und durch unsere späte Startzeit war es bereits sehr warm. Da sich die offiziellen 6km nach Sant Elm als tatsächliche fast 10km entpuppten, kamen wir erst gegen 15.30 Uhr im kleinen Küstenort an. Wir hatten noch viel vor uns, nicht einmal die Hälfte des geplanten Tagespensums geschafft, und so gönnten wir uns nur eine sehr kurze Pause, ehe es wieder unerbittlich aufwärts ging. Nach 3.5km und 400m Aufstieg hatten wir die Klosterruine La Trapa erreicht. Eigentlich wollten wir noch vier bis sechs Kilometer laufen, doch es wurde allmählich dunkel. Daher wählten wir kurz hinter La Trapa einen geeigneten Zeltplatz etwas abseits des Weges. Unsere Wasserreserven hatten sich über den Tag sehr verknappt, da wir weder einer Quelle noch einem fließenden Gewässer begegnet waren. Von unserem Zeltplatz aus unternahm ich daher noch einige Erkundungstouren auf der Suche nach Wasser. Die einzige Möglichkeit, die sich ergab, war ein Löschwasserbecken, zu dem ich sodann zwei Mal beschwerlich vom Weg abstieg und Wasser entnahm. Wir gossen zunächst nur unser Fertigessen mit diesem Wasser auf und genossen die warme Mahlzeit. Als ich das Wasser jedoch später im Zelt durch meinen Wasserfilter trinken wollte, bemerkte ich, dass es gänzlich ungenießbar war. Unsicher, ob es an meinem Filter lag, schlief ich ein…
Etappe 2: La Trapa – Estellencs
Wir beschlossen, dem Wasser noch eine Chance zu geben und kochten Tee damit. Das Wasser nutzte diese Chance nicht… Es war definitiv ungenießbar und so würden wir mit nur einem Liter trinkbarem Trinkwasser loswandern. Das geschah aufgrund noch fehlender Routine beim Zeltabbau erst gegen halb neun. Das Wandern machte keinen Spaß – wir vermieden es zu trinken, aber auch zu essen, denn dann würden wir trinken wollen… Nach anderthalb Stunden erreichten wir den Wanderparkplatz an der Ma-10; dort sprach ich zwei Wandergruppen an, doch weder die schwedische Gruppe noch die spanische Familie konnte mit Wasser aushelfen. Obwohl es uns, nachdem wir einen saftigen Apfel gegessen hatten, schon etwas besser ging, startete Franzi nochmal einen Versuch und brachte immerhin einen halben Liter Wasser von einer netten Dame aus Deutschland mit. Das hob die Stimmung gewaltig – trotzdem war weiterhin klar, dass wir es bei dem Wetter und dem bevorstehenden Anstieg mit nur anderthalb Litern Wasser keinesfalls bis an unser Etappenziel hinter Estellencs schaffen würden. Zunächst wanderten wir ein Stück an der Straße entlang und gelangten etwa eine halbe Stunde später auf das Gelände der Herberge Ses Fontanelles. Und dort wartete unsere Rettung – fein säuberlich aufgereihte Wasserflaschen, versehen mit dem Hinweis „2l Wasser für 1€“! Das ließen wir uns nicht zwei Mal sagen, füllten unsere Wasserbestände auf und konnten das Wasser aus dem Löschwasserbecken, das wir als Notfallwasser weiter mitgeführt hatten, endlich wegkippen.
Den mentalen Ballast waren wir los, aber das war auch dringend nötig, denn nun begann der lange, steile und steinige Aufstieg zum Hochplateau am Fuße des Moleta de s’Esclop. Dieser ist zwar landschaftlich immer wieder ein Genuss und macht auch Spaß zu wandern, seine 500m Aufstieg auf lediglich 4km kostete uns dennoch nicht nur drei Stunden Zeit, sondern auch sehr viel Kraft. Als wir schließlich am höchsten Punkt des Tages auf 870m angekommen waren, zogen wir uns in die Ruine, die dort steht, zurück und pausierten erstmal ausgiebig. Nun waren es allerdings immernoch 10km bis nach Estellencs und über die gesamte Strecke zog sich stetig der Abstieg. Das war extrem anstrengend und ermüdend, sodass wir – obwohl es „nur“ bergab ging – nochmals dreieinhalb Stunden bis in den Ort brauchten. Eigentlich hatten wir dann noch ein Stück weiterwandern wollen, um uns einen Zeltplatz etwas außerhalb von Estellencs zu suchen, aber Franzi machte den Eindruck, dass ein Hotel eher für gute Laune sorgen könnte, und auch ich hatte nichts gegen ein richtiges Bett samt Dusche. So machte ich mich wieder auf Erkundungsgang, traf aber zunächst nur auf geschlossene Hotels. Dann erinnerte ich mich an das Schild eines Hotels am Ortseingang und lief das Stück bis dahin zurück. Dort traf ich bald auf eine ältere Dame, die zum Glück noch ein Zimmer für uns frei hatte. Dann begannen allerdings die Kommunikationsprobleme: Dass die Frau weder Englisch noch Deutsch sprach, war kein Weltuntergang, schließlich hätte ich es auch auf Spanisch geschafft, die Buchung abzuwickeln. Allerdings wollte die nette Frau partout Französisch mit mir sprechen, was das Ganze etwas verkomplizierte. Irgendwie ging es und schließlich versuchte sie mir noch etwas zum Abendessen zu erklären: Scheinbar gab es an diesem Abend ausnahmsweise kein Abendessen im Hotel, weshalb sie mir erklärte, wo wir im Ort eine Pizza, die sie telefonisch schon für uns vorbestellt hatte, bekommen würde. Ich wusste nun jedenfalls, dass wir gegen 8 Uhr abends in Richtung eines Schornsteins, der mir vom Hotel aus gezeigt wurde, gehen sollten und dort Pizza bekommen würden. Naja, mal sehen…
Erstmal sammelte ich Franzi in der Ortsmitte ein und wir bezogen unser Hotelzimmer. Wenig später machten wir uns frisch geduscht und mit besserer Laune auf die Suche nach der Pizza. Bald führte uns der Geruch an den richtigen Ort. Die Pizza, die uns die Dame vom Hotel vorbestellt hatte, war aber mitnichten fertig zur Abholung. Vielmehr wurden wir vom Pizzabäcker in seine Backstube geführt und durften uns aus seinen Zutaten aussuchen, was auf unsere Pizza sollte. Dann mussten wir etwas warten, bekamen aber zur Überbrückung ein Bier, und kamen mit einem Schweizer, der ein Haus in Estellencs hat, und mit einer Engländerin, die auch in unserem Hotel abgestiegen war, ins Gespräch – beide warteten ebenfalls auf ihre Pizza. Am Ende dieser interessanten Erfahrung, trugen wir zwei große Pizzen in unser Hotelzimmer und verschlangen sie dort voller Genuss. Um den Komfort des Hotelbettes angemessen nutzen zu können, gingen wir dann direkt schlafen.
Etappe 3: Estellencs – Coll de Pi
Nachdem wir die Vorzüge des Hotels – vor allem das Frühstück mit Obst aus eigenem Anbau – ausgiebig genossen hatten, starteten wir vormittags Richtung Banyalbufar. Noch bevor wir Estellencs verließen, nutzten wir aber die Gelegenheit, unsere Vorräte in einem kleinen Laden mit dem zutreffenden Namen „Un poc de tot“ („Ein bisschen von allem“) aufzustocken. Der folgende Streckenabschnitt war auch für mich neu, denn drei Jahre zuvor hatten wir dieses Stück mit dem Bus übersprungen. Und dabei hatten wir wirklich etwas verpasst! Der Weg war in jeder Hinsicht angenehm: Auf weichem Boden wanderten wir nur leicht aufsteigend durch schattigen Wald und hatten bald das beeindruckende Anwesen der Finca Es Rafal erreicht. Von dort aus stiegen wir nach Banyalbufar ab, pausierten längere Zeit an der Kirche und nutzten eine erneute Einkaufsmöglichkeit. Hinter Banyalbufar stand uns dann nochmal ein wirklich harter Anstieg bevor: Auf nur 3km wollten 350 Höhenmeter überwunden werden! Kaum befanden wir uns auch ob der Mittagshitze in Schneckentempo im Anstieg, kamen uns etwa 50 Schüler entgegen, die den Berg, den wir uns hochquälten, fröhlich herunterliefen… Bald liefen wir auf einem alten Postweg, der unsere Füße mit großem Kopfsteinpflaster quälte. Nach anderthalb Stunden hatten wir schließlich den Pass erreicht und hatten nun die Qual der Wahl hinsichtlich eines Zeltplatzes. Obwohl wir bereits einige vielversprechende Stellen gefunden hatten, gingen wir noch ein Stück weiter – denn jeder Meter heute, ist einer weniger morgen. Nach einem guten Kilometer auf dem Pass entschieden wir uns dann aber für einen Platz etwas oberhalb des Weges. Wirklich zufrieden waren wir jedoch nicht, denn es gab kaum Windschutz und wir waren vom Weg noch sehr gut zu sehen. Also machte sich diesmal Franzi auf Erkundungstour und fand wenige Meter entfernt unterhalb des Weges einen guten Platz. Hier bauten wir nun unser Zelt auf und kochten Abendessen (Reis mit Chorizo). Da es zunehmend kälter wurde und wir ja auch nicht wirklich etwas zu tun hatten, gingen wir bereits um 19 Uhr schlafen.
Etappe 4: Coll de Pi – Soller
Hundertprozentig optimal war der Zeltplatz dann doch nicht gewesen, denn aufgrund von etwas Gefälle, mühte ich mich die ganze Nacht, nicht auf Franzi zu rollen… Da wir ja bereits extrem früh geschlafen hatten, waren wir auch verhältnismäßig früh auf den Beinen und diesmal auch deutlich schneller mit dem Zeltabbau. So kamen wir bereits gegen 7.30 Uhr los und konnten ganz entspannt nach Esporles absteigen, wo wir eine kleine Frühstückspause einlegten und einkauften. Optimaler Start in den Tag! Der war aber auch nötig, denn hinter Esporles begann ein etwa 7km langer Anstieg auf zwei Gipfel, der seinen Höhepunkt gegen Mittag auf dem Mola de Sa Comuna mit etwa 750m fand. Danach galt es nur noch einen kurzen, aber steilen Abstieg nach Valldemossa zu bewältigen. Von dort, so hatten wir schweren Herzens beschlossen, wollten wir mit dem Bus nach Deia fahren, da dieses Teilstück mit unserem Zeitplan und unseren Buchungen (ein Hostel in Soller am nächsten Tag) kaum zu schaffen war. Kurz hinter Deia wollten wir uns dann einen Zeltplatz suchen und am nächsten Tag über Port Soller nach Soller laufen. Die Busfahrt verlief problemlos, die Zeltplatzsuche hingegen gestaltete sich schwierig. Hinter Deia war zunächst deutlich zu viel Zivilisation und auch danach fand sich keine geeignete Stelle, da der Boden steinig und das Gelände steil war. Nach kurzer Diskussion änderten wir also unsere Pläne: Wir wollten nun noch nach Port Soller weiterwandern, unser Hostel bereits einen Tag früher beziehen (klärten wir telefonisch ab) und am nächsten Tag einen halben Ruhetag mit lediglich einem Spaziergang nach Port Soller einlegen. Gedanklich bereits am Ende der Etappe gewesen, galt es nun um 16 Uhr nochmal Kraft und Motivation für die verbleibenden 10km zu sammeln. Diese wurden dann erwartungsgemäß – auch wegen der Temperaturen – zur Qual, aber zweieinhalb Stunden später liefen wir in Soller ein. Beim Abendessen waren wir dann so geschafft, dass wir beinahe im Restaurant einschliefen und froh waren bald in unseren Betten zu liegen.
Etappe 5: Soller – Port de Soller
Weil wir Port de Soller als Ort des GR 221 nicht auslassen wollten, nutzten wir diesen Ruhetag, den wir uns durch die Busfahrt und anschließende Willensleistung am Vortag erarbeitet hatten, um von Soller ans Meer zu spazieren. Binnen anderthalb Stunden war das am Vormittag erledigt und wir ließen uns alsbald in einer Strandbar in Port de Soller nieder. Dort verbrachten wir einige Stunden und ließen es uns gut gehen. Da der Weg von Soller aus nicht übermäßig spektakulär gewesen war und es ein Ruhetag bleiben sollte, wählten wir für den Rückweg die historische Straßenbahn, die zwischen Port de Soller und Soller verkehrt.
Die Hälfte des Weges war nun also geschafft und wir waren wieder zurück ans Meer gekehrt. In den nächsten Tagen würde uns der GR 221 aber erneut ins Gebirge führen, ehe er beim dritten Besuch am Meer (nach Port d’Andratx und Port Soller) in Port de Pollenca sein Ende finden würde.
Lest hier über den zweiten Teil unserer Reise!
[…] ist der Bericht zu meiner zweiten Tour gemeinsam mit Franzi – diesen findet Ihr hier, zu jeder Etappe gibt es auch eine […]
[…] ersten fünf Etappen des GR 221 hatten wir geschafft, nun ging es vom Meer in Port Soller zurück ins Gebirge der Tramuntana. Dort […]