Wer an Städtetrips in Skandinavien denkt, hat sicher nicht auf Anhieb Göteborg im Kopf. Man denkt eher an Stockholm mit der wunderschönen Altstadt, an Kopenhagen mit der kleinen Meerjungfrau im Hafen oder an Oslo mit seiner modernen Architektur. Göteborg fällt dabei völlig zu Unrecht unter den Tisch. Man sagt auch in Göteborg würden Rechnungen geschrieben statt Gedichten, doch auch die zweitgrößte Stadt Schwedens hat einiges zu bieten, auch kulturell.
Von früheren Besuchen kenne ich Göteborg schon ganz gut und zeige bei unserem Rundgang Sören einfach meine Lieblingsorte. Wir starten unmittelbar vorm Hauptbahnhof. Hier kommen einerseits sämtliche Regional- und Fernzüge an, anderseits liegt hier das Sven Eriksson Terminal, welches Busanschlüsse in die umliegenden Städte und zu den nördlichen Schären bietet und es passieren nahezu alle Straßenbahnlinien den großen Platz. Zuerst gehen wir zur Trädgårdsförening. Der große Park umfasst ein Palmenhaus, den Rosengarten und weitläufige Rasenflächen sowie große alte Kastanienbäume. Auf der anderen Seite des Parks steht man gegenüber des großen Theaters. Wir biegen hier nach links ab, um die Kungsportsavenyn (kurz Avenyn, dt. die Avenue), eine lange schnurgerade Straße an der sich ein Restaurant ans andere reiht und an deren Ende ein Brunnen steht, aus dessen Mitte Poseidon empor ragt und über die Straße und den Götaplats blickt, umgeben von Stadttheater, Konzerthaus und Kunstmuseum. Bei der Umsetzung verfehlen wir Avenyn knapp und gehen stattdessen auf der Gamla Allen, die fast parallel dazu verläuft. Gerade noch rechtzeitig bekommen wir die Kurve und stehen direkt vor Poseidon. Aus meiner Sicht ist es kein riesiger Verlust, dass wir Avenyn verpasst haben, eingeplant war sie mehr, weil sie halt dazu gehört.
Fika im Stadtteil Haga
Auf Nebenstraßen schlagen wir uns zum Stadtteil Haga durch, wo es direkt touristischer wird. Mehr Altstadt als in diesen kleinen Gassen gibt es in Göteborg kaum. Statt großen repräsentativen Geschäftshäusern findet man hier kleine Häuschen, in der unteren Etage aus Stein, oben aus Holz gebaut. Diese Bauweise entsprang einem Kompromiss zwischen Brandschutz und kostengünstigem Bauen. Tradition haben hier außerdem die riesigen Hagebullar im Café Husaren. Seit 1985 werden die riesigen Zimtschnecken hausgebacken. Darüber hinaus findet sich in der Auslage wirklich alles, was zur schwedischen Fika gehört: Chokladboller, Dammsugare (schwedische Punschteilchen meist mit grüner Marzipanhülle), Princesstårta, aber auch herzhaftes wie Köttbullarsmacka (belegte Brötchen mit Fleischbällchen) und kleine Aufläufe. Für zwei Personen reicht locker eine der großen Zimtschnecken zum Teilen.
Gut gestärkt und nach fast ausgesessener Regenpause schlendern wir weiter durch die Straße voller Cafés und Souvenirläden und biegen dann ab, um Skansens Kronan, eine alte Festungsanlage zu besteigen. Von hier oben hat man einen wunderbaren Blick über die Stadt: vom Lippenstifthaus am Hafen neben der Oper bis hin zu den Gothia Towers neben dem Riesenrad im Vergnügungspark Liseberg. Nach einem weiteren Abstecher zur Trädgårdsförening (hier gibt es viele öffentliche und vorallem kostenlose Toiletten) kehren wir auf die andere Kanalseite zurück und besuchen die Saluhall. In der Markthalle werden hungrige Touristen satt und man kann verschiedene kulinarische Souvenirs erwerben. In den Glasvitrinen stapeln sich Käse, Fleisch und Wurst, Fisch, aber auch Süßigkeiten und Gebäck. Noch mehr Fisch findet sich in der Feskekörka, die wird bei unserem Besuch aber gerade renoviert und ist nicht zugänglich (Stand August 2023).
Meeresluft schnuppern
Da Göteborg auch sonst gerade im Bauwahn versinkt, schlängeln wir uns durch Straßenbaustellen hindurch zum Packhus, auch hier wird gebaut, denn der Kai wird erneuert. Üblicherweise kommt man hier etwas näher an verschiedene Schiffe ran. Wer den Hafen auch vom Wasser aus sehen will, kann am Stenpiren auf eine der ÖPNV-Fähren steigen und so günstig eine Hafenrundfahrt unternehmen. Letztes kleines Highlight unseres Rundgangs ist Lilla Bommen. Hier liegt das Segelschiff Viking und der sogenannte Läppstiftet (der Lippenstift) ragt 86 Meter über die Stadt. Einst ist das markante Bürogebäude die Landmarke Göteborgs gewesen, inzwischen ragen weit höhere Türme aus der Stadtmitte heraus, doch dem Lippenstift gehören wohl noch immer die Herzen der Göteborger. Und wenn die rote Spitze des Gebäudes im Winter im grauen Nebel verschwindet, sodass man sie kaum sehen kann, wenn man davor steht, sollte man einfach lieber drinnen bleiben. Wir beenden unseren Rundgang kurze Zeit später am Brunnsparken (unweit vom Hauptbahnhof).
Bus, Bahn, Fahrrad oder doch lieber Maut zahlen?
Beachten sollte man auch in Göteborg, dass für das Befahren der Stadt mit dem Auto, eine Maut fällig wird, von Parkgebühren ganz zu schweigen. Mit Bus und Bahn lebt es sich etwas entspannter und man ist, was Start- und Endpunkt angeht, flexibler bei der Rundgangsplanung. Sämtliche Informationen zum Nahverkehr bekommt man unkompliziert über die „Västtrafik to go“-App. Über die App kann natürlich auch der Ticketkauf abgewickelt werden, ansonsten ist das, zumindest in Bussen, auch beim Fahrer möglich (Kartenzahlung). Wer das digitale Ticket kauft, muss beim Einsteigen nur noch den QR-Code scannen. Eine echte Alternative ist auch eine Stadtbesichtigung per Fahrrad. Alle wichtigen Stadtteile sind gut ausgeschildert und mit dem Fahrrad ist es auch kein Problem, das Auto etwas außerhalb abzustellen und kurz ins Zentrum zu radeln. Wie in Skandinavien üblich, sind die Fahrradwege sehr gut ausgebaut.
Göteborg kurz und knapp
Göteborg ist auf jeden Fall einen Besuch wert und im unmittelbaren Vergleich mit unserem Besuch in Oslo wenige Tage zuvor, gewinnt Göteborg aus unserer Sicht klar. Hier nochmal in aller Kürze die Highlights in und um die Stadt:
- Sightseeing: Haga, Lilla Bommen, Hafenrundfahrt per Fähre
- Essen: Restaurants an der Anvenue, Saluhallen
- Natur: Slottskogen, Trädgårdsföreningen
- Maritimes: Inseln Tjörn und Orust, Hönö, Öckerö, Hälsö
- Action: Liseberg (Skandinaviens größter Vergügnugungspark), Paddeln durch Göteborgs Kanäle
- Shopping: Einkaufszentrum Nordstan beim Hauptbahnhof
Viele der Highlights, kann man kostenlos besuchen, sodass der Stadtaufenthalt nicht zur finanziellen Katastrophe ausartet. Wir haben uns bei unserer Tour auf eben diese Höhepunkte beschränkt. Darüber hinaus gibt es natürlich auch zahlreiche Museen. Dazu gehören zum Beispiel das Volvomuseum, das Luftwaffenmuseum Aeroseum und das maritime Museum. Man kann also problemlos mehrere Tage in der Stadt verbringen, ohne dass einem langweilig werden muss. Drei Tage ließen sich zum Beispiel folgendermaßen gestalten:
Tag 1 | Tag 2 | Tag 3 | |
Schwerpunkt | Sightseeing & Shopping | Erholung am Meer | Freizeitpark Liseberg |
Aktivitäten | Stadtrundgang mit Fika in Haga, grüne Pause im Park der Trädgårdsföreningen und Shoppingtour nahe dem Hauptbahnhof | Inselhopping über die beschaulichen Öckeröinseln mit Badestopp | Achterbahnfahren bis zum Umfallen, Luftgewehrschießen, Glücksräder drehen und Zuckerwatte essen |
Extratipp | Hagabulle im Café Husaren essen, noch mehr Grün und einige Tiere gibt es im Slottskogen | Per Fahrrad auch als Mehrtagestour möglich | Zu Halloween und Weihnachten putzt sich der Park besonders heraus. Egal ob Achterbahnfreak oder „Ich-bin-nur-mit“ es gibt für alle passende Tickets. |