Wie so oft beim Wildcampen, beginnt der Tag für uns zeitig. Um sechs Uhr fliegen das erste Mal die Gänse unter viel Geschnatter über das Zelt und auch die Sonne geht schon auf. Unser Zelt ist nass vom Tau, nicht feucht, richtig nass. Wir packen trotzdem schon zusammen, denn wie wir beim Blick auf die nahegelegene Tafel feststellen, stehen wir hier mit unserem Zelt doch schon am Rand des Naturreservats Jonstorp Vegeåns mynning und Naturreservate sind eine der Ausnahmen vom Jedermannsrecht, also nichts wie weg.

Es ist erstmal wolkig und wir stapfen über feuchte Wiesen und Weiden, vorbei an Kühen und über Weidezäune, immer der orangen Plakette nach. Die Wege zwischen den Weiden sind vom Regen der vergangenen Tage teils sehr matschig, hin und wieder stehen wir in knöcheltiefen Pfützen. Nach fünf Kilometern erreichen wir den Windschutz bei Jonstorp und das ist ein richtiger Premiumunterstand: Ein Grillplatz mit Holzkohle, Mülltrennugsbehälter und Trinkwasser, ein großer Unterstand mit überdachten Sitzmöglichkeiten und zwei voneinander getrennten Räumen mit zweistöckigen Holzpritschen. Im Unterstand finden locker acht Personen Platz zum Schlafen und nur 50 Meter weiter gibt es eine Trockentoilette sowie einen weiteren Wasserhahn. Hätten wir am Vortag geahnt, dass es hier so fein ist, hätten wir die fünf Kilometer noch drangehängt, aber so wird es nur unser Frühstücksplatz.

  • Hafen von Arild
  • Kullens fyr

Gestärkt geht es erst richtig los. Bis zum Leuchtturm zu kommen, das wäre stark, denken wir uns. Besonders die Vorstellung an der Spitze der Landzunge zu zelten und den Sonnenuntergang zu genießen, hat es uns angetan, doch wir wissen, dass es bis dahin etwa 30 Kilometer sind, mit unserem schweren Gepäck, mit Zelt und allem drum und dran, ist es mehr als unwahrscheinlich, dass wir das tatsächlich schaffen. Doch wir denken uns auch „Schauen wir mal was wird“ und laufen einfach erstmal.

So richtig laufen will es an diesem Tag nicht, stattdessen haben wir wirklich zu kämpfen. Eine kleine Besonderheit der Etappe ist neben der Länge auch die Tatsache, dass der gesamte Tagesanstieg erst im letzten Drittel der Strecke steckt. Am idyllischen Hafen von Arild schnaufen wir nochmal durch, bevor es kurz, aber knackig nach Himmelstorp geht. Und da stellen wir uns schließlich die alles entscheidende Frage: auf der Lichtung mit Windschutz bleiben und das Zelt aufschlagen oder weitere acht Kilometer bis zum Leuchtturm laufen? Die Lichtung ist schattig und es scheint, als würde es schnell kühler werden, ein Zeltplatz mit etwas Sonne wäre uns lieber, am Leuchtturm könnte das klappen. Also beißen wir die Zähne zusammen und ziehen weiter. Für eine Besichtigung der kleinen Höhlen abseits des Weges bei Josefinelust, fehlen uns später Lust und Kraft, schließlich müsste man dafür nochmal auf Meereshöhe absteigen. Wir wollen einfach nur noch ankommen.

Leuchtturm voraus – Ende gut, alles gut?

Links vom Weg öffnet sich schließlich der Blick auf einen riesigen Parkplatz, wir haben es fast geschafft. Für die Uhrzeit ist erstaunlich viel los, einige Gruppen nutzen die Feuerstellen und grillen, dazu schallt laute Musik aus einem Bluetooth-Lautsprecher. Zum Leuchtturm sind es noch immer 200 Meter. Leider müssen wir feststellen, dass es beim besten Willen nicht möglich ist, an der Spitze der Landzunge zu campieren, zudem wissen wir ja inzwischen, dass das im Naturreservat nicht erlaubt ist. Besonders ursprünglich geht es deshalb aber keineswegs zu, die asphaltierte Straße führt bis nach vorn zum Leuchtturm und überall springen Wochenendausflügler in Turnschuhen über die Felsen. Von Leuchtturmsonnenuntergangsromantik keine Spur! Also die ganze Quälerei umsonst… wären wir bloß bei Himmelstorp geblieben!

Was schiefgehen kann, geht schief!

Von der Gesamtsituation enttäuscht und völlig erschöpft, suchen wir schließlich die Zeltwiese am Parkplatz. Die ist natürlich bereits voll belegt. Was solls, bauen wir unser Zelt eben ein paar Meter daneben auf. Beim Aufbau gibt es einen Knall, eine genauere Inspektion ein paar Tage später ergibt eine angeknackste Zeltstange… Das Zelt hielt zwar erstmal, dafür war es innen und außen nass, keine Chance, darin eine Nacht zu verbringen, ohne sämtliche andere Ausrüstung ebenfalls zu baden. Wieder steht eine Entscheidung an: Bleiben und im dreckigen Unterstand nächtigen oder zurück zum Auto durchschlagen?

Der letzte Bus ist (wie sollte es anders sein?) an diesem Tag schon weg. Wir erarbeiten den folgenden Plan: mit einem Taxi nach Höganäs, dort in den Bus, damit nach Helsingborg und von da mit dem Zug nach Ängelholm. Auf das Taxi warten wir etwa 45 Minuten, für die anschließende fünfzehnminütige Fahrt verlangt der Fahrer 900 SEK, angesichts der Preistabelle am Fenster, sehen wir das überhaupt nicht ein und treten in Verhandlung, mit eher mäßigem Erfolg, dennoch können wir ganze 100 Kronen herausschlagen. Mit Bus und Bahn läuft es wesentlich besser, selbst den straffen Fußweg beim Umstieg überstehen wir irgendwie. Schließlich stehen wir um 22:52 Uhr endlich wieder am Auto und sind froh, in unsere Schlafsäcke kriechen zu können. Eine Nacht im Škoda Fabia war noch nie so erholsam wie diese und nach einer erfrischenden Dusche am Strand sieht die Welt am nächsten Morgen auch schon wieder ganz anders aus.

Lessons learned auf dem Kullaleden

Auch wenn es sich vielleicht nicht so liest, schön war es auf dem Kullaleden trotz allem, schließlich war weniger der Weg das Problem als die Aneinanderreihung schlechter Entscheidungen und ungünstiger Umstände. Gerade deshalb haben wir, wie eigentlich immer, auch bei dieser Tour einiges gelernt:

1. Schlafplatz muss, Aussicht kann

Selbst wenn, der erreichte Zeltplatz nicht der allerschönste ist oder nicht dem erträumten Ideal entspricht, sollte man den Wandertag beenden, wenn man einen zufriedenstellenden Platz gefunden hat und nicht auf Krampf weiterlaufen. In unserem Fall hätten wir uns mit der schattigen Lichtung bei Himmelstorp zufriedengeben sollen.

2. Weniger ist mehr

Eine Sache, die wir eigentlich hätten wissen müssen. Insbesondere mit schwerem Gepäck ist es besser, die Etappen kürzer zu halten. Natürlich hat da jeder seine individuellen Vorlieben und Grenzen. Bepackt mit vollständiger Campingausstattung und im relativ flachen Gelände auf dem Kullaleden wäre das Tageslimit für uns mit 25 km schon erreicht gewesen. Dazu kommen natürlich noch die täglichen Schwankungen, anders ausgedrückt an manchen Tagen ist man einfach nicht für 30 km gemacht. Diese eigenen Grenzen sollte man unbedingt beachten, damit es am Ende auch ein schöner Tag bleibt.

3. Immer mit der Ruhe

Ein zeitiger Etappenstart nützt einem nichts, wenn das Zelt am Abend so nass ist, dass man nicht darin schlafen kann. Deshalb den Tag einfach ruhig angehen und das Zelt erstmal schön trocknen und lüften lassen.

4. Der Unterschied zwischen feucht und nass

Stichwort Zelt trocknen: feucht und nass sind zwei sehr verschiedene Dinge. Ein leicht feuchtes Zelt mag noch verkraftbar sein, schließlich dauert es am Abend nach dem Aufbau noch etwas bis man sich wirklich in die Schlafkabine verkriecht und auch in dieser Zeit kann noch so einiges trocknen. Bei einem wirklich nassen Zelt rettet einen das aber nicht mehr. Selbst wenn die Nässe vorm Abbau nur außen ist, durch das Zusammenpacken mittels Falten und Rollen und den ganztägigen Transport in der Zelthülle verteilt sich das Wasser gut über Innen- und Außenseite des Zeltes und es macht keinen Sinn am Abend in ein nasses Zelt zu krabbeln, es sei denn, man steht auf nasse Isomatten und Schlafsäcke.

5. Parkplatz + Grillplatz + Wochenende = Party

Dass ein Parkplatz auch immer für mehr Leute sorgt, ist natürlich nichts Neues. Mit dem, was aber an einem Sonnabendabend am Parkplatz bei Kullens Fyr los war, konnten wir jedoch nicht rechnen. Beim nächsten Mal würden wir die Etappen auf jeden Fall so planen, dass wir ein so beliebtes Ausflugsziel nicht zu unserem Tagesziel machen, vor allem nicht am Wochenende.

6. Taxiunternehmen

Taxifahrten können naturgemäß schnell teuer werden. Deshalb haben wir die unvermeidbare Fahrt am Ende unseres Tages auch möglich kurz gehalten. Nichtsdestotrotz, wollte der Fahrer ganze 900 SEK (etwa 75 €) für die 15-minütige Fahrt. Nach einiger Verhandlung ging er schließlich immerhin auf 800 SEK (rund 68 €) runter. Mit den Preisen, die in der Übersichtstabelle an der Fensterscheibe angegeben waren, hatte das so gar nichts zu tun, dafür zeigte sich wieder mal, dass sich genauere Recherchen zu Taxiunternehmen finanziell echt lohnen können. Zugegebenermaßen waren wir jedoch so platt, dass wir dafür keine Nerven hatten.

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