Der Fernwanderweg „Peaks of the Balkans“ führt über 192 km, meist aufgeteilt auf 10 Etappen, durch das Prokletje-Gebirge, wobei man drei Staaten durchwandert: Montenegro, Albanien und Kosovo. Hierbei erlebt man nicht nur atemberaubende Landschaften, sondern auch echte Gastfreundschaft und unberührte, wilde Natur. Alle gpx-Tracks findet Ihr auf der Übersichtsseite oder direkt bei Komoot.
Die Idee
Wie wir ursprünglich auf den Peaks of the Balkans gekommen sind, kann ich überhaupt nicht mehr mit Bestimmtheit sagen… Ich weiß nur noch, dass es meine Idee war und ich Franzi erstmal davon überzeugen musste. Doch das gelang schließlich nicht mir, sondern der BR-Produktion Bergauf-Bergab mit ihrem Beitrag zu diesem noch relativ jungen Fernwanderweg.
Von Anfang an war klar, dass dieser Weg unsere bislang größte Herausforderung werden würde: Allein die Anreise zu planen, war eine Herausforderung für sich, vor Ort würde man mit Deutsch und Englisch nicht unbedingt weit kommen, im Verwunschenen Gebirge sind Bären und die giftigste Schlange Europas zu Hause, und auf uns warteten Etappen mit regelmäßig mehr als 1000 Metern Aufstieg!
Die Anreise: Bus-Flugzeug-Taxi-Bus und da!
Wie gesagt, die Anreise wollte erstmal organisiert sein, und zwar so, dass sie möglichst kostengünstig, vom Risiko, Umstiege zu verpassen, befreit, und an einem Tag absolvierbar erfolgen konnte. So kam es, dass wir an einem Samstag im August kurz vor Mitternacht in einen Flixbus von Dresden nach Berlin stiegen und wenig später, um 2 Uhr nachts, am Flughafen Berlin-Brandenburg saßen. Nachdem wir weitere vier Stunden mit Schlafen, Gepäck aufgeben und am Gate sitzen herumgebracht hatten, hob unsere Ryanair-Maschine bei Sonnenaufgang mit Ziel Podgorica (Hauptstadt von Montenegro) ab. Der Flug dauerte dann auch nur zwei Stunden, sodass wir am immernoch frühen Morgen den aus nur einer Halle bestehenden Flughafen von Podgorica betraten und offiziell in Montenegro einreisten. Mit dem Taxi, dessen Fahrer in der Formel 1 eine bessere Verwendung finden würde, ging es dann zum Busbahnhof, von wo der Bus nach Plav um 10.25 Uhr abfuhr. Fast vier Stunden dauerte die teilweise spektakuläre Busfahrt über Bergstraßen und durch zahlreiche Tunnel, dennoch erreichten wir Plav auf die Minute pünktlich. Im Regen liefen wir noch einen Kilometer zu unserer Unterkunft bei einer netten älteren Dame namens Lida, die uns mit Tee und Süßspeisen begrüßte, mit der wir uns allerdings nur mit einem Zeichensprache-Russisch-Übersetzerapp-Mix verständigen konnten. Die 15-stündige Anreise hatte durchaus Kraft gekostet, sodass erstmal ein Mittagsschlaf nötig war. Danach begaben wir uns am frühen Abend ins zu diesem Zeitpunkt noch ausgestorbene Zentrum von Plav. Erst nachdem wir das Restaurant, in dem wir – für noch ungewohnt wenig Geld – Pizza zu Abend gegessen hatten, wieder verließen, waren auch die Einheimischen auf den Straßen und trafen sich in Cafés, Bars und auf Spielplätzen.
Etappe 1: Plav – Vusanje
24.1 km; 1300 m Aufstieg; 1080 m Abstieg
Das erste Mal kamen wir an diesem Morgen in den Genuss eines hausgemachten, osteuropäischen Frühstücks – so reichlich, dass große Teile davon in unsere Brotdosen wanderten. In den nächsten Tagen würden wir uns an diese Art des Frühstücks gewöhnen: Alles aus eigenem Anbau oder eigener Produktion: Gurke, Tomate, Ei, Käse, irgendeine Art von Brot, und selten Wurst.
Um halb 9 verabschiedeten wir uns dann von Lida, begaben uns erneut ins Zentrum von Plav und verließen den Ort bereits leicht ansteigend Richtung Süden. Abgesehen vom Blick zurück auf den See von Plav, haute uns die Landschaft in den ersten Stunden noch nicht so wirklich um, ging es doch bald vor allem durch Wald, der jeglichen Ausblick versperrte. Gegen Mittag aber erreichten wir dann eine Lichtung auf einer Hochebene und es war ein absoluter Aha-Moment! Mannshohe Gräser und Blumen, Felsbrocken zum Verweilen in der Sonne und sehr lauter „Biolärm“ – spätestens jetzt, nach 13 km, auf einer Höhe von 1800 m, waren wir auf dem Peaks of the Balkans angekommen! Nach einem weiteren steilen Anstieg erreichten wir unseren ersten Gipfel, den Bajrak auf 2044 m. Nun führte uns der Weg auf einem wunderschönen Kammweg oberhalb der 2000 m zum zweiten Gipfel des Tages, dem Vrh Bora auf 2092 m. Wir begegneten immer wieder einheimischen Beerensammlern und konnten selbst nicht widerstehen und naschten hier und da auch einmal eine Beere. Auf dem Vrh Bora verweilten wir – ebenso wie etwa zehn weitere Wanderer – eine kleine Weile, ehe wir uns mit den verbleibenden 8 km befassten. Diese verliefen zwar „nur“ absteigend, aber nach 16 km konstanten Anstiegs und dem Erreichen des höchsten Punkt des Tages, waren diese 900 m Abstieg auf 8 km durchaus fordernd und anstrengend. „Gerettet“ wurden wir von einer als Bar ausgeschilderten kleinen Hütte 4 km vor Vusanje, wo wir uns per Cola den finalen Energiekick besorgten. In den nächsten Tagen sollte sich dieses Vorgehen etablieren – auf der Hälfte des Abstiegs bzw. wenige Kilometer vor dem Ziel würde sich immer eine kalte Cola finden, um uns irgendwie über die Zielgerade zu hieven.
An diesem ersten Tag kamen wir schließlich in leichtem Nieselregen gegen 17 Uhr in Vusanje an und begaben uns zum Guesthouse Kollata, wo wir kurz darauf unser Zimmer bezogen und duschten. Etwas später saßen wir dann auch schon mit einigen anderen Wanderern – die meisten Deutsche oder zumindest deutschsprachig – beim Abendessen und gaben uns größte Mühe, die Unmengen an Suppe, Brot, Käse, Gurke, Tomate, Reis und Fleisch zu verspeisen. Natürlich hatten wir keine Chance – einen kritischen Blick der Gastgeberin gab es dennoch. Zum Tagesabschluss gab es dann noch ein sehr leckeres montenegrinisches Bier, ehe wir alsbald dem prasselnden Regen lauschend ins Bett sanken.
Etappe 2: Vusanje – Theth
22.1 km; 900 m Aufstieg; 1140 m Abstieg
Als einzige Wanderer in der Unterkunft frühstückten wir erst um 8 Uhr – das hatte beim Abendessen schon für Gelächter gesorgt – und kamen entsprechend erst gegen kurz vor 9 Uhr los. Das erste Highlight ließ nicht lange auf sich warten: Die Wasserquelle „Blaues Auge“ liegt nur wenige Meter neben dem Weg und bietet mit ihrem klaren, blauen Wasser großartige Fotomotive. Nach einem leichten Aufstieg durch den Wald erreichten wir einen Pausenplatz mit Blick auf den „Schlangensee“. Dieser Gletschersee enthält nur selten Wasser, weshalb man auch sein sattes Grün durchwandern kann – angesichts seines Namens und der Warnung im Wanderführer entschieden wir uns jedoch dagegen und wählten eine etwas aufwendigere und steinige Route oberhalb des Sees. Am Ende des Sees angelangt, überquerten wir die Grenze von Montenegro nach Albanien und fanden uns einen kurzen Aufstieg später im Hochtal „Fusha e Runices“ wieder. Hier behinderte ein Hütehund kurz unser Vorankommen, doch nachdem sein Schäfer ihn beruhigt hatte, konnten wir unseren Weg fortsetzen, ließen zahlreiche rastende Wanderer links liegen und gingen fast an der „Spitze des Feldes“ in den Aufstieg zum „Qafa e Pejes“. Wir wanderten vorbei an alten Bunkern, füllten unser Wasser an einem Gebirgsbach auf und stürzten uns nach einem schnellen Selfie am Gipfelkreuz in den sehr steilen Abstieg Richtung Theth. 800 m Abstieg auf 3 km später gönnten wir uns in einer Bar am Wegesrand eine Cola, um unsere geschwächte Muskulatur zu den letzten 4 km zu motivieren. Von Theth selbst bekamen wir dann im Grunde nur Schotter zu sehen, unsere sehr schöne Unterkunft Villa Gjecaj lag aber auch am Ortseingang, sodass wir nicht weiter in den Ort hineinkamen. Dieses Guesthouse war wohl die am professionellsten geführte Unterkunft, die wir auf unserem PoB besuchen sollten: Abendessen gab es in einem von durchweg des Englischen mächtigen Albanerinnen geführten Restaurant mit Speisekarte (!).
Etappe 3: Theth – Valbona
16.9 km; 1070 m Aufstieg; 890 m Abstieg
Auch an diesem Tag starteten wir erst gegen 9 Uhr und befanden uns direkt im 7 km langen Anstieg (ca. 1000 m Aufstieg). Und mit diesem Schicksal waren wir bei weitem nicht allein! Ruhe und Einsamkeit finden sich auf dieser Etappe nicht, handelt es sich doch um den meistbegangenen Abschnitt des PoB, welcher insbesondere bei Tagestourlern sehr beliebt ist. Um diesen Menschenmassen zu entgehen, legten wir ein ordentliches Tempo vor und verzichteten nach 5 km auch auf die einzige Einkehrmöglichkeit vor dem Pass. Auch auf dem Pass Qafa e Valbones (1797 m) knubbelten sich die Menschen, weshalb wir unsere Pause erst ein Stück dahinter einlegten. Nun ging es auch schon in den steilen Abstieg, welcher uns entlang der Steilwände in engem Zickzack immerhin 500 m auf 2 km in die Tiefe führte. Von da an standen nur noch 8km mit beinahe flachem Verlauf auf dem Programm – eigentlich kein Problem, oder? Das dachten wir auch, doch diese 8 km verlangten uns noch einmal alles ab! Der Weg führte uns nun zunächst 4 km durch ein trockenes Flussbett, dessen steiniger und schattenloser Charakter uns leiden ließ. Doch auch am Ende des Flussbettes wurde es nicht besser, denn die letzten 4 km führten über eine Asphaltstraße… In Valbona angekommen freuten sich insbesondere unsere Füße über die Entscheidung, hier einen Pausentag einzulegen.
Auch in Valbona genossen wir gutes, leckeres Essen und nutzten unseren Pausentag nicht nur zur Erholung, sondern auch zum Wäschewaschen. Ansonsten planten wir die kommenden Tage und gingen auf eine kurze Erkundungstour durch den Ort. Als Kuriosum konnten wir von unserem Zimmerfenster aus beobachten, wie auf dem Nachbargrundstück zahlreiche Schafe geschlachtet und wenig später von ihren Besitzern oder Käufern abgeholt wurden – einfach eine ganz andere Welt!
Lest hier, wie es uns nach unserem ersten Pausentag erging!
Schöner Bericht, der mich an meine Wanderung dort im Juli letzten Jahres erinnert! Da freue ich mich auf die nächsten Tage. Bei euch war es noch grüner, ich vermute, ihr seid früher im Jahr dort gewesen, oder? LG!
Hallo Christian,
ganz im Gegenteil, wir waren erst Ende August 2022 auf dem PoB unterwegs, trotzdem war es herrlich grün und das Wetter hat wunderbar gehalten.
Das überrascht mich! Sieht gut aus!