Der Fernwanderweg „Peaks of the Balkans“ führt über 192 km, meist aufgeteilt auf 10 Etappen, durch das Prokletje-Gebirge, wobei man drei Staaten durchwandert: Montenegro, Albanien und Kosovo. Hierbei erlebt man nicht nur atemberaubende Landschaften, sondern auch echte Gastfreundschaft und unberührte, wilde Natur. Alle gpx-Tracks findet Ihr auf der Übersichtsseite oder direkt bei Komoot.
Etappe 8: Reka e Allages – Guri i Kuq
24.4 km; 1240 m Aufstieg; 1170 m Abstieg
Bevor wir loswandern konnten, gab es erstmal ein Briefing von Mustafa: Er riet dringend davon ab, den Hajla zu besteigen, da er mit Gewitter rechnete und erklärte uns, welchen Bus man von Drelaj aus nehmen sollte, um sich einen Großteil des Weges über Asphalt zu ersparen.
Der Hajla ist 2403 m hoch und kann als Variante von Reka e Allages nach Drelaj bestiegen werden. Diese Etappe umfasst dann 15.8 km, 1200 m Aufstieg und 1400 m Abstieg. Unser Plan war das ohnehin nicht, wir hatten uns für den Tag die „Standardetappe“ nach Guri i Kuq ausgeguckt und wollten die 23 km natürlich auch vollständig laufen, also auf den Bus verzichten.
Dann brachte Mustafa uns zurück auf den Weg – er hatte extra einen Zubringer von seiner Unterkunft zum offiziellen Weg markiert – und verabschiedete uns per Handschlag. So hatte er es bereits mit einigen Wanderern vor uns gemacht, weshalb wir mit unserem Aufbruch noch kurz hatten warten müssen. Ein Start ohne das Briefing von Mustafa wäre nicht nur respektlos, sondern auch dumm gewesen, schließlich sollte man sich die Informationen der Einheimischen auf jeden Fall anhören.
Jetzt konnten wir uns aber voll und ganz mit dem mittlerweile schon zum Standard gewordenen, allmorgendlichen Aufstieg beschäftigen, der uns an diesem Tag 500 Höhenmeter auf 3 km Strecke überwinden ließ. Damit war der höchste Punkt des Tages an einem kleinen Rastplatz dann auch schon erreicht. Weiter nach Norden ist hier der Abstecher zum Hajla ausgeschildert, wir folgten dem Peaks of the Balkans Richtung Westen und gelangten innerhalb von zwei Stunden über den stetig abfallenden Weg nach Drelaj. Dort stießen wir am Ortseingang auf eine augenscheinlich nagelneue Unterkunft, die einen so tollen Eindruck machte, dass wir am liebsten gleich dortgeblieben wären. Doch es war gerade einmal 11.30 Uhr und so begnügten wir uns damit, zwei Dosen Cola zu kaufen und eine Pause auf den Bänken vor der Unterkunft einzulegen.
Von nun an führte der Weg über Asphalt und wir wanderten entlang der ansteigenden Straße bis nach Dugaive, wo wir erneut pausierten und das mittelalterlich anmutende, aber tatsächlich ziemlich moderne Schlösschen bewunderten. Zunächst auf Naturwegen, dann viel zu bald wieder über Asphalt, wanderten wir jetzt wieder bergab ins Rugova-Tal. Bei den Orten Kuqishte und Gjvukaj begann dann der finale Anstieg des Tages, der die gesamte Etappe in der Retrospektive in einem ziemlich schlechten Licht erscheinen lässt… Auf 4 km überwindet man etwa 300 Höhenmetern entlang einer serpentinenreichen Straße, welche einzig und allein zu den Hotelanlagen Guri i Kuq und Te Liqeni führt – diese Etappe endet nämlich mitnichten in einem Ort, sondern bloß bei den beiden genannten Hotels, die entsprechend auch die einzig möglichen Unterkünfte am Ziel darstellen.
Als wir dann bei Guri i Kuq angekommen waren, dauerte es erstmal einen Moment, bis man sich unserer annahm, dann wurden wir gemeinsam mit einer Belgierin und einer Französin in einer kleinen Hütte einquartiert, die offensichtlich noch keine Reinigung erfahren hatte. Abends gingen wir dann aus Mangel an Alternativen ins Restaurant von Guri i Kuq, wo wir dann immerhin noch mit einem Stromausfall während des Essens erheitert wurden.
Im Vergleich mit allen anderen Etappenorten fällt Guri i Kuq deutlich ab, liegt aber nun einmal strategisch günstig zwischen Reka e Allages und Babino Polje, weshalb die Wanderung hierher durchaus Sinn ergibt.
Etappe 9: Guri i Kuq – Babino Polje
18.3 km; 1240 m Aufstieg; 1170 m Abstieg
Dank des üppigen und nicht allzu früh servierten Frühstücks – die Kellner vom Vorabend wirkten alle noch sehr verschlafen – kamen wir erst gegen 9 Uhr los, hatten für den Tag aber einiges vor uns und sollten den höchsten Punkt des Peaks of the Balkans auf 2255 m erreichen.
Kurz folgten wir noch der Serpentinenstraße vom Vortag, bogen aber glücklicherweise bald in den Wald ab. Die traumhafte Landschaft und Natur wurde etwas dadurch getrübt, dass einige Einheimische unterwegs waren und per Bluetoothlautsprecher lautstark Musik hörten… Der Bergsee, Liqeni i Kuqishte, den wir nach 2 km – aber dank der 450 m Aufstieg erst nach einer guten Stunde erreichten – ist nun einmal ein beliebtes Ausflugsziel, auch unter der Woche. Wenig später sollte der Weg an einem weiteren See vorbeiführen, doch den Liqeni i Drelajve fanden wir ausgetrocknet vor. War der Weg zu diesem See kurz abgestiegen, verlief er nun wieder steil ansteigend und überwand so auf den nächsten 3 km etwa 400 Höhenmeter. Dann allerdings standen wir am höchsten Punkt des Peaks of the Balkans, dem Jelenka-Pass auf 2255 m Höhe. Der Aufstieg bis dorthin verlief durch unberührte Natur, was die Anstrengung wenigstens etwas lindern konnte. Dennoch schafften wir es nicht wie geplant, den Jelenka-Pass ohne Pause zu erreichen – wir versuchten immer, die erste große Pause erst nach dem höchsten Punkt des Tages einzulegen. Hier war der Anstieg jedoch stärker als wir und so pausierten wir etwa 500 m vor der Passhöhe.
Die nächsten anderthalb Stunden wanderten wir den Kamm entlang, oberhalb vom Roshkodol-Tal, welches wir wenige Tage zuvor auf der anderen Seite und in die entgegengesetzte Richtung bereits auf dem Weg nach Milishevc durchwandert hatten. Am Sedlo Zavoj (2149 m) angekommen, einem Kreuzungspunkt mehrerer Bergwege, pausierten wir kurz am dortigen Rastplatz, ehe wir uns dann in den Abstieg begaben – unser Ziel Babino Polje lag immerhin noch mehr als 600 m unter uns. Über Wiesen stiegen wir ins Tal ab, durchquerten mehrere Bäche und fanden uns gegen Nachmittag auf dem Fahrweg nach Babino Polje wieder. Diesem folgten wir bis ans Ende des Dorfes, mussten hierbei einige Unterkunftsbetreiber enttäuschen, die uns zu gerne beherbergt hätte, und erreichten bald unser Ziel, das Triangle Woodhouse. Hier bewahrheitete sich einmal mehr, dass man seine Etappe tunlichst bis zum Nachmittag beenden sollte, denn wenig später setzte der allnachmittagliche Regen ein und der hatte es an diesem Tag in sich: schnell war der Fahrweg überspült und Wassermassen flossen aus den bewaldeten Bergen hinunter ins Dorf.
Dieser stundenlange Starkregen gab uns bereits etwas für den Folgetag zu denken, denn die letzte Etappe sollte genau dahinführen, wo die Wassermassen herkamen, nämlich nochmal auf über 2000 m in die Wälder oberhalb von Babino Polje…
Etappe 10: Babino Polje – Plav
12.1 km; 30 m Aufstieg; 570 m Abstieg
An diesem Morgen hing der Nebel tief ins Tal, die Feuchtigkeit war mit Händen zu greifen und die Auswirkungen vom Starkregen des Vortags noch deutlich zu sehen. Nach kurzem Studium der Etappe, bei dem wir im Rother-Wanderführer immer wieder von Bächen und Seen lasen, die sicherlich etwas aus der Form gelaufen sein dürften, entschieden wir uns schweren Herzens, auf den Aufstieg zum Veliki Hrid (2062 m) und zum Bergsee Hridsko jezero zu verzichten und die „langweilige“ und mit nur 12 km Länge deutlich kürzere Variante der Etappe an der Straße entlang zu wählen.
Die eigentliche Etappe ist 20.9 km lang und überwindet 800 m im Auf- und 1350 m im Abstieg.
Wir folgten stattdessen einfach der Straße nach Plav und erreichten das Ziel unseres Peaks of the Balkans so bereits am Vormittag – ein unspektakuläres Ende, was wir uns sicher etwas anders vorgestellt hatten. Immerhin wurde diese letzte Etappe dennoch nicht langweilig, denn wir wurden mehrere Kilometer weit bis nach Plav hinein von zwei kleinen Hunden verfolgt, die sich einfach nicht abschütteln lassen wollten. Erst in Plav wurde es ihnen dann zu bunt und sie suchten sich neue Ziele, denen sie wieder zurück folgen konnten. Und auch uns war es etwas viel Trubel, der da in Plav auf uns hereinbrach, denn es war Markt und wir mussten mitten durch…
Schlusswort
Der Peaks of the Balkans und das Wandern durch das Prokletje-Gebirge war unser bis dahin größtes Abenteuer. Und es wurde zum perfekten Wanderurlaub! An die Mischung aus traumhaft schöner Landschaft, atemberaubender Natur, leckerem Essen und wahrer Gastfreundschaft denken wir auch heute noch gerne zurück. Ein weiterer Pluspunkt ist sicherlich auch das Finanzielle, denn all das bekommt man zu Preisen, die beispielsweise in den Alpen völlig undenkbar wären.
Sicherlich erfordert der Peaks of the Balkans ein Mindestmaß an Organisation und sicherlich interessiert Ihr Euch für Tipps bezüglich Planung, Budget, etc. – all das findet Ihr hier! Und wenn dann immer noch Fragen offen sind, einfach in die Kommentare schreiben, wir helfen gerne weiter.