Man weiß kaum, woran man zuerst denken soll, wenn man das Schlagwort Weimar hört: Weimarer Klassik, Schiller, Goethe, Deutschlands erste parlamentarische Demokratie oder das Bauhaus? All das gehört zu Weimar und noch einiges mehr, ein Ausflug in die Stadt im Herzen Thüringens und damit zugleich in die deutsche Geschichte lohnt sich also!
Bauhaus in Weimar
Wir starten unseren Rundgang in der Nähe des 2019 eröffneten neuen Bauhausmuseums (geöffnet Mo, Mi-So jeweils 9:30-18:00 Uhr). Der große graue quaderförmige Bau wird im Dunklen von eleganten Leuchtstreifen in Szene gesetzt und ist auch von unserem Zimmer in der Pension Hinz & Kunz zu sehen. Das Museum wurde pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum des Bauhauses durch Walter Gropius eröffnet und begeistert seither regelmäßig mit Sonderausstellungen. Das „Staatliche Bauhaus“ wurde 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet und fand nach turbulenten zunächst in Dessau, später kurzzeitig in Berlin eine neue Heimat bis 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten endgültig Schluss war für die Weimarer Moderne und viele Bauhauskünstler ins Exil gingen. 1995 kehrte der Name „Bauhaus“ nach Weimar zurück und noch heute studieren angehende Künstler, Architekten, Ingenieure und Designer an den vier Fakultäten der Bauhaus-Universität. Wer aufgrund der Bedeutung der Stadt für das Bauhaus hofft, auf viel Bauhausarchitektur zu treffen, wird jedoch enttäuscht, nur ein einziges Musterhaus von Georg Muche wurde in Weimar realisiert – das Haus am Horn von 1923. Es liegt in der Nähe von Goethes Gartenhaus und sollte Teil einer ganzen Siedlung sein, welche aus finanziellen Gründen nicht umgesetzt werden konnte. Eine echte Bauhaussiedlung findet man in Deutschland heute nur in Dessau-Törten oder bei einer Reise nach Tel Aviv.
Der dunkle Teil der Weimarer Geschichte
Obwohl Weimar die Gründungsstadt der ersten deutschen parlamentarischen Demokratie war, wurde die Stadt in den 1920er Jahren schnell zur Hochburg des aufstrebenden Nationalsozialismus. Als Hauptstadt des Gaus Thüringen, wurden Kulturbetrieb und Stadtbild umgekrempelt. Spuren davon finden sich noch heute. Besonders das Gauforum, das heute vom Landesverwaltungsamt Thüringen genutzt wird, ist ein eindrucksvolles Zeugnis der monumentalen Bauweise der NS-Zeit. Aber auch an anderen Ecken der Stadt hinterließ die Zeit ihre Spuren, zahlreiche Stadtrundgänge thematisieren diese. Wer sich lieber auf eigene Faust auf den Weg machen will, findet im Stadtplan des Fördervereins Buchenwald die prägenden Punkte.
Beschäftigt man sich mit diesem Teil der Weimarer Geschichte, kommt man unweigerlich mit dem Konzentrationslager Buchenwald in Berührung. Auf dem nahegelegenen Ettersberg waren von 1937 bis April 1945 weit über 250.000 Männer und Frauen gefangen, geschätzte 56.000 starben in Buchenwald oder auf Evakuierungsmärschen, die das Lager kurz vor Kriegsende verließen. Um der Geschichte und den Schrecken des Orts annähernd gerecht zu werden, sollte man sich ausreichend Zeit für einen Besuch der Gedenkstätte nehmen. Eine Besichtigung der historischen Stätten, des ehemaligen Lagers, der Gräberfelder und des Mahnmals ist täglich bis zum Einbruch der Dunkelheit kostenlos möglich, die begleitenden Ausstellungen sind von Dienstag bis Sonntag ab 10 Uhr geöffnet.
Die Weimarer Klassik
Ein dritter Stopp beim Ausflug in die deutsche Geschichte, führt uns noch weiter zurück, denn auch lange vor der Gründung des Bauhauses wurde in Weimar schon große Kunst geschaffen. Die Rede ist dabei von der Literaturepoche der Weimarer Klassik, welche mit Vertretern wie Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller und Johann Gottfried von Herder einige der bekanntesten deutschen Literaten hervorgebracht hat. Und sie alle lebten und wirkten auch in Weimar. Daran erinnern heute noch ihre Wohnhäuser, Goethes Gartenhaus an der Ilm und das Goethe-Schiller-Denkmal vorm deutschen Nationaltheater. Zu Lebzeiten befreundet, fanden Goethe und Schiller 1832 auch eine gemeinsame letzte Ruhestätte in der Fürstengruft auf dem historischen Friedhof der Stadt Weimar. Wobei, ganz richtig ist das nicht, denn Schillers Sarg steht seit einigen Jahren leer, da eine DNA-Analyse ergeben hatte, dass es sich bei den darin beigesetzten Gebeinen gar nicht um die sterblichen Überreste des Schriftstellers handelte.
Mit unserem Rundgang von knapp 10 Kilometern Länge haben wir das Zentrum der Klassik- und Bauhausstadt Weimar gut abgedeckt. Einkehrmöglichkeiten unterwegs gibt es vor allem rings um den Marktplatz zahlreich. Eine weitere kleine Besonderheit findet sich in der Schillerstraße, denn unter den schattenwerfenden Bäumen liegt ein Laden für Mineralien und andere sammelwürdige Naturalien. Bis unter die Decke stapeln sich in der Naturalienhandlung Peter Gensel Fossilien, Trockenfrüchte, Naturschmuck, Geweihe und Präparate aller Art. Geöffnet hat diese kleine Welt zum Staunen täglich, sogar sonntags, und verzaubert auch Nichtsammler mit geschliffenen Steinen.